Ihr wisst, wie gerne ich über das Thema Beckenboden schreibe. Auch einfach, weil ich finde, dass dieser Muskel und die Wichtigkeit des Beckenbodens völlig unterschätzt wird. In jeglicher Hinsicht.
Wir Frauen erfahren meist erst in der Schwangerschaft von ihm und selbst dann ist uns eigentlich nicht ganz klar, was das ist. Ich bin immer wieder erstaunt, dass den Beckenboden so ein Mythos umgibt.
Meine Schwangerschaftsyogastunden sind eigentlich als offene Stunden konzipiert. Seitdem ich aber immer wieder feststelle, dass viele meiner Schwangerschaftsdamen mich dann doch unter vier Augen fragen, was denn der Beckenboden ist und wie sie ihn denn jetzt anspannen, merk eich, wie wichtig es ist, über diesen zu schreiben und mein Wissen zu teilen.
Was der Beckenboden für uns tut, habe ich ja schon mal in einem Blogpost beschrieben. Auch gegen welche Beschwerden er hilft. Und wie Du testest, wie es deinem Beckenboden geht. Und wie Du im Alltag deinen Beckenboden schonen kannst.
Heute wollte ich aber auch nochmal darüber sprechen, welche Funktionen dein Beckenboden denn eigentlich hat. Warum? Weil man diese sowohl als Schüler als auch als Yogalehrer gut einbinden kann in deine Übungen und deine Ansagen.
Diese 3 Funktionen hat dein Beckenboden
1. Das Anspannen des Beckenbodens
Das bewußte Anspannen des Beckenbodens ist gerade, wenn man beginnt, sich mit der Thematik zu beschäftigen, gar nicht so einfach. Da der Beckenboden aus drei Muskelschichten besteht, müssen alle drei angetriggert werden. Gleichzeitig ist die Frage, wie das denn mit der Atmung kombiniert werden soll.
Nach der Geburt und auch wenn Du deinen Beckenboden trainieren willst, gelten folgende Atemregeln: Atme immer tief in den Bauch ein und aus und nur unter der Ausatmung wird der Beckenboden angespannt. Damit gibst Du dem Beckenboden, der sich bei der Ausatmung zusammenzieht noch einen kleinen Trainingsimpuls.
Wie machst Du das denn jetzt aber? Wenn Du mit der Ausatmung beginnst, verschließe gefühlt eng deinen Anus, deine Vagina und deine Harnröhre, ziehe dann die Sitzbeinhöcker zueinander und als letztes Steißbein und Schambein zusammen. Dabei zieht dein Unterbauch sich ein. Dann hast Du alle drei Schichten des Beckenbodens erwischt.
Mach Dir keinen Stress, wenn Du gerade erst damit beginnst. Das bedarf gerade am Anfang wirklich Übung. Aber irgendwann wird dieser “Anspannungs”ablauf ganz natürlich. Das Bild mit dem ich hier immer gerne arbeite und das Dir das Anspannen leichter machen kann, ist der Reißverschluß.
Stelle Dir vor, wie Du langsam am Steißbein beginnend, einen Reißverschluß einer richtig engen Jeans zuziehst. Bis Du deinen Unterbauch einziehen musst, um sie wirklich zuzukriegen. Mit diesem Bild erwischt Du wirklich alle Muskeln des Beckenbodens.
Wie übst Du jetzt aber das Entspannen?
Lass uns auch hier mit einem Bild arbeiten. Wir nehmen den Ballon.
Atme richtig tief in den Bauch ein und fülle deinen Ballon ganz entspannt schön auf. Atme dann langsam aus und stelle Dir dabei vor, dass Du den Ballon ganz leeren möchtest. Dafür musst Du die Ränder des Ballons nochmal so richtig schön hoch- und einziehen, um ihn wirklich leer zu kriegen.
Spürst Du es?
Du kannst das Entleeren des Ballons auch mit der Übung des Reißverschlusses kombinieren. Also schön vom Steißbein beginnend den Ballon ausdrücken. Bis Du auch den Unterbauch einziehen musst, um die letzten Reste der Ballonluft rauszudrücken.
2. Das Entspannen des Beckenbodens
So wichtig das bewusste Anspannen des Beckenbodens ist, so wichtig ist auch das bewusste Entspannen des Muskels. Denn erst, wenn wir bewusst entspannen können, fällt und auch das Anspannen leichter und wir können unseren Muskel achtsamer lenken.
Der Beckenboden schließt den Bauchraum nach unten hin ab. Durchbrochen wird er aber zum Beispiel durch den Darmausgang. Das heißt, dass der Beckenboden im Alltag zum Beispiel beim Stuhlgang entspannt. Außerdem umkreist er den Harnausgang. Also muss er auch beim Wasserlassen entspannen. Bei Frauen entspannt der Beckenboden beispielsweise auch während des Geschlechtsaktes. Bei Männern bei der Erektion.
Das bewusste Entspannen kannst Du aber auch trainieren:
Bleiben wir bei dem Bild des Ballons. Atme tief in den Bauch hinein und lass die Bauchdecke richtig schön rund werden. Schließe die Augen dabei. Spür einmal wie Du deinen Bauchraum wie einen Ballon auf”atmest” und sich an den Rändern des Ballons ein Gefühl von Weite einstellt. Wie sich alles dehnt und lang wird. Damit Du deinen Ballon gut aufblasen kannst.
3. Das reflektorische Gegenhalten des Beckenbodens
Das reflektorische Gegenhalten ist wahrscheinlich die Funktion, bei der Du am ehesten merkst, wie es um deinen Beckenboden bestellt ist.
Reflektorisch gegenhalten bedeutet, dass dein Beckenboden sich dann anspannt, wenn der Druck in deinem Bauchraum sich erhöht. Wann das passiert, ist zum Beispiel beim Husten oder Niesen. Aber auch beim Springen oder Hüpfen oder beim Tragen von schweren Lasten. Und sogar dann, wenn Du richtig herzhaft lachst.
Ein gesunder und gut trainierter Beckenboden geht dann dazu über, reflektorisch gegenzuhalten. Also Dir kurzzeitig ein mehr an Unterstützung gibt. Wenn er das nicht tut und Du merkst, dass Du in diesen Situationen etwas Urin verlierst, dann ist das ein Zeichen dafür, dass dein Beckenboden noch etwas mehr Pflege benötigt.
Und mit Pflege meine ich hier sowohl ein leichtes Antriggern als auch Schonung. Gerade, wenn Du Dich in der Rückbildung befindest. Denn dann hat dein Körper und dein Beckenboden und Du selbst, Unfassbares geleistet und nur leichte Übungen sollten den Beckenboden in der ersten Zeit nach der Geburt zugemutet werden. Welche das seien könnten, findest Du auch in einem Blogbeitrag von mir.
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So, nun aber die Frage: Wie kann ich das reflektorische Gegenhalten trainieren?
Beim reflektorischen Gegenhalten spannt sich der Beckenboden ganz fix an und entspannt sich rasch wieder. Das kannst Du zum Beispiel mit folgenden Bildern üben:
Stelle Dir vor, wie Du mit deiner Vagina versuchst Gras auszuzupfen. Eine super Übung, wenn Du sitzt. Geht eigentlich immer und überall, da diese Übung von außen nicht sichtbar ist.
Eine zweite Übung kann man hervorragend machen, wenn man beispielsweise gerade die Beine entspannt nach oben ausgestreckt hat. Zum Beispiel in Viparita Karani. Stelle Dir vor, wie Du eine Aprikose oder eine Kirsche in deiner Vagina hältst. Und du dann an ihr zupfst. Als ob Du entweder die Haut entfernen möchtest oder aber ganz kleine Stücke abnippelst.
Ein gutes Video mit Visualisierung zu zum Aufbau des Beckenbodens und seiner Funktionen findest Du auch in dem folgenden Video.
Du hast noch weitere Fragen zum Beckenboden? Oder brauchst weitere Übungen? Schreib’ mir!